Die kindliche Sprachentwicklung ist kein einzeln zu betrachtender Vorgang. Sie ist ein sehr komplexer Ablauf bei dem viele verschiedene Fähigkeiten (auch nichtsprachliche Fähigkeiten) teilweise simultan erworben werden müssen.
Um eine physiologische Sprachentwicklung zu erreichen sollten zunächst die Voraussetzungen hierfür gegeben sein.
Organische Voraussetzungen:
Auch das ZNS (Zentrale Nervensystem) sollte möglichst unbeeinträchtigt sein um Informationen durch die Sinnesreize (Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken, Hören) korrekt verarbeiten zu können.
geistige Voraussetzungen:
Soziale Voraussetzungen:
Vorsprachliche Voraussetzungen:
Die Bezugspersonen sollten hierbei versuchen möglichst auf folgendes zu achten:
Bitte im Umgang mit dem Kind kindgerichtete Sprache verwenden. Diese zeichnet sich durch grammatisch vereinfachte, prosodisch stark markierte Sprache aus. (z.B. Hast du Hunger? statt Möchtest du etwas essen, du hast ja bestimmt Hunger.)
Der eigentliche Erwerb der Sprache findet meist innerhalb der ersten 5-6 Lebensjahre statt.
Diese Zeit kann in ein präverbales und ein verbales Stadium unterteilt werden.
Von Geburt an verfügt das Kind über eine Stimme. Diese wird oft zum reflektorischen Schreien eingesetzt um Gefühle wie Hunger, Kälte oder Schmerz auszudrücken.
In der 4. bis 5. Lebenswoche ändert sich dieses Schreien bereits und es sind erste Anzeichen von Interaktion zu erkennen. Das Kind saugt, schluckt und weint. Die Mutter kann nun bereits zwischen einem Hungerschreien und einem Kontaktschreien unterscheiden. Auch das Gehör des Kindes hat sich bereits weiterentwickelt. Es hört zwar noch keine Sätze, achtet jedoch bereits auf den Ursprung der Schallreize und unterscheidet Klänge von Geräuschen (kann z.B. Das Gutenachtlied von einem Motorenbrummen auf der Straße unterscheiden)
Ab der 1. Lallperiode spielt das Kind mit den verschiedenen Lauten. So wie es nun Arme und Beine ausprobiert, probiert es auch die Sprechwerkzeuge aus. Die Laute mit denen das Kind spielt werden von ihm wahllos eingesetzt. Es entstehen auch glucksende, gurgelnde und girrende Kehllaute.
In der 2. Lallperiode werden nicht nur längere und abwechslungsreichere Lautketten produziert sondern es kommt auch das kichern, lachen und quietschen hinzu. Das Kind schließt bereits den Mund und schluckt seine Spucke. Das Kind antwortet mit Lauten wenn es angesprochen wird. Außerdem kann es bereits aus einer gehaltenen Tasse trinken. Es beginnt etwa ab dem 10. Monat Silben zu lallen wie „baba-baba“. Das Sprachverständnis hat sich ebenfalls weiterentwickelt und es versteht die ersten Namen von Gegenständen und Bezugspersonen. Außerdem sucht es bereits durch Kopfdrehung bekannte Gegenstände, wenn sie genannt werden. („Wo ist die Oma?“)
Im Alter von 1 Jahr sollte das Kind bereits zwischen 2 und 10 Wörter sprechen. Dazu gehören auch Worte wie „Wau Wau“ für Hund.
Bis zum 18. Lebensmonat lernt das Kind einige neue Worte dazu und ist nun auch in der Lage Einwortsätze zu bilden. Außerdem lässt sich ab jetzt das Sprachverständnis diagnostisch erfassen und Laute wie „m“, „n“, „b“, „p“, „t“ und „d“ können gezielt gebildet und mit Vokalen zu Wörtern verbunden werden.
Ab dem 24. Lebensmonat sollte der aktive (gesprochene) Wortschatz etwa 20-50 Wörter enthalten. Zusätzlich zu den Hauptwörtern werden nun auch Verben und Adjektive benutzt. „Laufen hin?“. Zu den bereits erlernten Lauten kommen weitere hinzu wie z.B. das „v“, „f“, „l“, „x“(Buch), „k“ und „h“. Der passive Wortschatz (verstandene Worte) ist dem aktiven Wortschatz bereits weit voraus.
Mit 2 1/2 Jahren hat der Wortschatz massiv zugenommen. Es kommt zu Wortneuschöpfungen wie „Augenfedern“ für Wimpern. Verben werden meist noch in der Infinitivform verwendet. Auch alle Laute werden bereits beherrscht jedoch nicht ihre Lautverbindungen. Auch die Ich-Form kann nun verwendet werden. So kann es in der Aussprache schon mal zu kleinen Abweichungen kommen. „Is das tönnen“ (Ich kann das).
Ab dem 3. Lebensjahr „explodiert“ der Wortschatz regelrecht. Es werden schwere Lautkombinationen wie das „kn“, „gr“ und „bl“ erlernt. Nur die Zischlaute wie „ch“ und „sch“ müssen noch nicht beherrscht werden. Das Kind beginnt nun W-Fragen zu stellen (Wann?, Wo?, Wie?, Wer?). Gegensätze wie groß – klein und feine Unterschiede wie groß – größer bereiten dem Kind im Sprachverständnis noch Schwierigkeiten. Auch Fremdwörter und schwere komplexe Satzkonstruktionen können noch nicht verstanden werden.
Mit 4 Jahren erweitert sich der Wortschatz stetig. Es werden nun auch Präpositionen verwendet. Einige Farben können richtig zugeordnet und benannt werden. Auch eine Vorstellung von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft hat sich entwickelt. Die Bildung von Nebensätzen gelingt immer sicherer. Die Aussprache (alle Laute mit ihren Verbindungen) werden mit 4 1/2 Jahren vollständig beherrscht.
Sind zu diesem Zeitpunkt noch Auffälligkeiten in der Aussprache vorhanden, sollte Ihr Kind sprachtherapeutisch untersucht werden. Zu dieser Zeit kann es auch zu Sprechunflüssigkeiten (Stottern) kommen. Dies ist normal, sollte jedoch nicht länger als 6 Monate andauern und die Wiederholungen des Kindes sollten nicht verkrampft sein.
Mit dem 6. Lebensjahr ist der Spracherwerb abgeschlossen. Das Kind ist nun in der Lage kleine Geschichten zu erzählen. Lieder und kleine Gedichte werden schnell gelernt. Auch einige Grundlagen für den späteren Lese- Rechtschreiberwerb wie eine phonologische Bewusstheit (Reimen, Silbensegmentieren, Anlautidentifikation, Lautlokalisation).
Ende 1. Lebensjahres:
Ende des 2. Lebensjahres:
Ende des 3. Lebensjahres:
Ende des 4. Lebensjahres:
Ende des 5. Lebensjahres: